Selbstverständlichkeit oder falsche Vorstellung

Notiz an mich: Bloss weil man in Frankreich ein Zweibettzimmer nimmt, heißt es noch lange nicht, dass das Bett auch lang genug ist.

Bisher hatten wir meist Glück, Betten ohne Fußende zu erwischen, da ist es egal, wenn man mit 1,93 in einem 1,90 Bett liegt. Diesmal hatten wir Pech. Es gab die Wahl zwischen einem Bett mit 1,90 x 80 und einem Härtegrad -5 und einem Bett 1,90 x 80 mit Härtegrad -3.

Also die Fähre hat auf See weniger geschaukelt als diese Betten hier und da gingen zum Teil die Alarmanlagen der Autos an. Iris hat das weiche genommen und ich das härtere, dennoch war jedes Umdrehen ein wahres Abenteuer. Hier liegen jeweils 2 weiche Matratzen aufeinander, das Ergebnis könnt ihr euch vorstellen.

Leider war nicht genügend Platz, um die Matratzen bei Seite zu legen. Naja, geschlafen haben wir dennoch gut.

Das Frühstück war für 08:00 Uhr geplant und bestellt. Um viertel nach acht saßen wir im Essbereich und bekamen unseren heißen Kaffee serviert. Ansonsten gab es eher englisch orientiertes Frühstück als französisches.

Toastbrot und bittere Orangenmarmelade, lecker. Wurst und Käse, Müsli, Joghurt und Säfte, eigentlich alles da, was man braucht. Wir lassen uns Zeit und bewundern wieder einmal, wie toll hier dieses Haus eingerichtet ist.

Um kurz nach neun geht es dann wieder rauf und ans Packen. Verrückt wie viel man verteilen kann, auch wenn man in einem Zimmer untergebracht ist. Hier geht nochmal eine gute halbe Stunde ins Land bis wir auf den Bikes sitzen.

Nun die große Frage, Regenpelle an oder nicht? Denn es hat natürlich nicht geregnet, als wir aufgestanden sind. Auch jetzt sieht es nicht nach Regen aus. Wir entscheiden uns gegen die Regenkombi.

Als wir losfahren kommt sogar immer mal wieder ein wenig Sonne raus. Getränke hatten wir gestern schon besorgt, so dass hier nur noch tanken ansteht. Die nächste Tanke ist in gut 45 Kilometern angesagt. Mittlerweile fahre ich hier um die 340 Kilometer mit Betty, ohne dass ich mir Gedanken machen muss.

Im Urlaubsmodus zu zweit sind wir doch eher gemütlich unterwegs. Wobei gemütlich immer noch auf den kleinen Straßen meist ein 50er Schnitt ist.

Die Landschaft lädt zum Träumen ein. Überall stehen alte Chalets und Gutshöfe, oft in tollem Zustand. So schaffen wir es bis 11:30, als wir unsere erste Rast machen. Und das, ohne in den Regen zu kommen. Während wir hier so stehen, fallen dann doch die ersten Tropfen.

Also nichts wie rein in die Regensachen. Alles richtig gemacht, denn schon keine 10 Minuten später macht der Himmel seine Schleusen auf. Gut eingepackt geht es weiter, zunächst noch mit dem Garmin Adventure Modus auf den kleinen Straßen.

Später, als wir wegen der Kälte eine weitere Kaffeepause machen, stelle ich das Navi dann doch um. Der Vorteil der kleinen Straßen war jedoch die geringere Geschwindigkeit, je breiter die Straßen, desto schneller ist man unterwegs. Unsere Hände merken den Unterschied sofort.

Normalerweise werde ich auf den Reisen immer mal sentimental. Eigentlich eher in der Mitte der Tour als jetzt, wenn es schon Richtung Heimat geht. Heute war also mein Tag. Ich fahre mal wieder mit Musik auf den Ohren, mit Iris rede ich immer mal zwischendurch.

Wir fahren hier durch die Welt, weil wir es können. Es gibt Entbehrungen auf so einer Tour, die nehmen wir dankend in Kauf. Viele Menschen können oder wollen nicht reisen, warum auch immer. Wir dürfen und können es. Und dafür bin ich wirklich dankbar. Die Erlebnisse hier in Frankreich sind anders als die im Balkan, aber deshalb werde ich nicht weniger geerdet auf dieser Reise.

Der Erholungsfaktor ist derzeit so groß, dass wir uns mehrmals täglich fragen müssen welcher Tag ist es, oder wie lange wir noch unterwegs sein dürfen. Uhrzeiten sind völlig egal geworden, wir fahren solange wir Lust haben.

Heute der Regen zermürbt einen jedoch. 12 bis 14 °C haben wir unterwegs, ständig Wind mit Böen, so dass man echt aufpassen muss, wenn man hinter Bäumen hervorkommt oder einem ein LKW entgegenkommt. Wir werden müde, es ist kalt. Aber zum Glück hört der Regen langsam auf.

An einem alten und verlassenem Restaurant halten wir an. Wir wollen nicht mehr zu dem bisher ausgesuchten Campingplatz fahren. Es muss eine Alternative her.

Hier in der Gegend sind noch einige offen, zumindest laut Google und den jeweiligen Webseiten. Ein kleiner Platz mit einem kleinen Restaurant soll es werden, keine 8 Kilometer entfernt.

Schnell die Straße gegenüber rein und los. Grade hört der Regen auch auf. Es ist die Gorge de Sioule ausgeschildert. Na, das könnte doch sogar noch mal ein Leckerchen zum Abschluss des Tages werden.

Nach den ersten Kurven kommt sogar die Sonne raus. Unsere Laune steigt, trotz der kalten Finger. Die Schlucht ist toll, klein, eng und schön zu fahren und vor allem was Spektakuläres zu gucken. Nicht das der Rest des Tages nicht ansprechend war, aber so eine Schlucht ist immer was Besonderes.

Die letzten Meter, Iris sagt noch, dass es da über die Brücke geht, aber da bin ich schon dran vorbei gebraust. Einen guten Kilometer weiter drehen wir dann mal wieder.

So, nun aber auf den Platz, aufbauen, es regnet grade nicht. Als ich mich mit dem Betreiber unterhalte, erzählt er mir, dass das Restaurant aufgrund der wenigen Gäste (nur wir) geschlossen hat. Irgendwie hatten wir uns drauf gefreut drinnen zu sitzen, im warmen, und das Essen servieren zu lassen.

Wir schauen die Karte auf Google Maps an, es gibt weitere Plätze, aber meistens steht schon dabei, dass die Restaurants zu haben. Also was tun? Wir entscheiden uns zu bleiben. In Nullkommanichts steht das Zelt, die wichtigsten Sachen vom Mopped weggepackt und ich düse noch mal eben zum Einkaufen.

Wie ich da so im Supermarkt stehe und durch die Regale schaue, fällt mir die Cassoule auf. Ich hatte Iris mal erzählt, dass man die eigentlich immer und überall kaufen kann, ohne was falsch zu machen.

Also eine Dose, ne besser 2 Dosen mitgenommen, dazu noch Eier fürs Frühstück. Anschließend rüber in die Boulangerie, Baguette holen und einen kleinen Nachtisch, Croque Praline, die sehen aus wie riesige Cantuccini, nur dass da noch Früchte mit drin sind.

Die Cassoule schmort auf dem Campingkocher, das Baguette in der Hand und wir beide wissen, uns geht es gut.

Wie lange haben wir noch? 4 Fahrtage und gute 750 Km bei kürzester Entfernung. Wo fahren wir noch hin? Morgen wird nochmal durchwachsen, Samstag und Sonntag soll wieder super werden.

Ach so, natürlich sind wir nicht nach Norden gefahren, sondern nach Osten. Wir hatten heute Morgen überlegt, dass wir bei dem schönen Wetter am Wochenende über die Vogesen und Luxemburg nach Hause fahren wollen. So viel zu dem Thema Idee, Plan und Umsetzung.

Im Großen und Ganzen geht ein weiterer toller Tag zu Ende. Ja er war anstrengend und kräftezehrend, aber auch schön. Wir versuchen das schöne aus diesem Tag mitzunehmen und freuen uns auf die Sonne der kommenden Tage.

Unser Urlaubszähler liegt nun bei 4.233 Kilometern.